Früher konnte man im Wienerwald regelmäßig Ski fahren und er erinnert sich an den eiskalten Winter 2005/06, der ihn veranlasste, seine Seilbahn zu modernisieren. Ausgerechnet der Winter ist in Österreich wärmer geworden, was sich besonders im Unterland bemerkbar macht.

Mehr als zwei Punkte steigen

„Die letzten zehn Tieflandwinter waren bereits mehr als zwei Grad wärmer als im Durchschnitt der Jahre 1961 bis 1990“, sagt Marc Olefs, Leiter der Klimaforschung an der Zentralanstalt für Meteorologie und Geodynamik (ZAMG). Der bisher wärmste Winter war 2006/2007, als niedrig gelegene Skigebiete vor großen Problemen standen und höher gelegene Skigebiete nur mit Schneekanonen die Saison retten konnten. Österreich erlebte im vergangenen Jahr den letzten strengen Winter der jüngeren Geschichte. Während eines Kälteeinbruchs im Januar 2006 war die Donau teilweise zugefroren. Im Raum Krems musste der gesamte Schiffsverkehr eingestellt werden. Im Winter 2005/06 lag in Leeds 70 Tage Schnee, in Wien und Graz mehr als 60 Tage Schnee. Der mit Abstand kälteste Winter der letzten Jahrzehnte war der Winter 1962/1963, als Bodensee, Attersee und Traunsee letztmals vollständig zugefroren waren. Heute kaum mehr vorstellbar, Innsbruck und Graz waren von Mitte November bis Mitte März durchgehend mit Schnee bedeckt.

Heizen mit sauberer Luft

Neben dem anthropogenen Klimawandel gibt es weitere Faktoren, die die Erderwärmung begünstigen. „Der Sonnenschein hat im Winter zugenommen, sowohl in der Dauer als auch in der Intensität“, sagt Olefs. Durch die Nordverschiebung des hypertropischen Hochs hat die Winterbewölkung in Mitteleuropa abgenommen. Andererseits hat sich die Luftqualität seit den 1980er Jahren deutlich verbessert und die Schadstoffkonzentration verringert. Die Luft ist jetzt sauberer, sodass mehr Sonnenenergie den Boden erreicht und ihn erwärmt. Dadurch werde das Flachland im Winter wahrscheinlich wärmer als die Berge, so Olefs. ORF.at/Georg Hummer Der Winter in Österreich ist wärmer geworden als alle Jahreszeiten Auch die Tage mit Nebel nahmen ab, auch wegen der besseren Luft. Die Bildung von Nebel oder Wolken wird durch Schmutzpartikel in der Luft, Aerosole, besonders begünstigt. Zudem entstehen durch wärmere Luft nun seltenere und schwächere Inversionswetterlagen, fand eine ZAMG-Studie heraus.

Die Temperatur steigt, der Frost nimmt ab

In der Klimatologie gibt es mehrere Indikatoren, um den Winter zu beschreiben und Trends zu entdecken. Neben der Durchschnittstemperatur ist dies ungefähr die Anzahl der Eistage. Es gibt Tage, an denen die Temperatur den ganzen Tag unter Null liegt. Sie gehen in allen Landeshauptstädten dramatisch zurück und betrugen in den letzten Wintern im Durchschnitt nur ein Viertel so viele Eistage wie in der Zeit von 1961 bis 1990. Am stärksten ist der Rückgang in Graz, wo die Zahl der Eistage von 23 pro Winter auf knapp drei sank. Im vergangenen Jahr verzeichnete Graz nur einen Tag Eis an der Universitätsstation. In Innsbruck gab es 2021/22 und 2019/20 von Dezember bis Februar überhaupt keinen Permafrosttag.

Klagenfurt als extrem

Im vergangenen Winter gab es in Klagenfurt vergleichsweise viele Eistage, nämlich 27. Auch im vergangenen Winter lag lange Zeit Schnee. Dies hatte mit dem lokalen Klima im Klagenfurter Becken zu tun, mit seiner geschützten Lage auf der Südseite der Alpen, umgeben von hohen Bergen. Der Schnee isolierte den Boden und ließ die Luft im Klagenfurter Becken weiter abkühlen. Es gab sozusagen eine Abkopplung vom allgemeinen Wetter. In Klagenfurt gibt es noch keinen signifikanten Trend zur Abnahme der Frosttage, im Klagenfurter Becken sinkt die Temperatur im Winter weiterhin fast jede Nacht unter den Gefrierpunkt. Dagegen ist die Zahl der Frosttage in anderen Landeshauptstädten bereits um rund 25 Prozent zurückgegangen. In Wien zum Beispiel ist nur jede dritte Winternacht gefroren. Im vergangenen Winter lag die Tiefsttemperatur auf der Hohen Warte bei nur minus 5,3 Grad. Wetter

So wird das Wetter

Auch gibt es immer weniger Schnee

Schneelandschaften und Permafrost waren vor einigen Jahrzehnten selbst im Flachland die Regel, aber im neuen Klima ist es jetzt die Ausnahme, wenn es weiß ist. Die Physik dahinter ist einfach: Mit steigenden Temperaturen steigt die Schneefallgrenze bei einem Niederschlagsereignis. Und wenn es schneit, bedeuten wärmere Temperaturen, dass der Schnee dort nicht so lange bleibt. Die Daten aus den Landeshauptstädten zeigen alle einen deutlichen Abwärtstrend bei der Dauer der Schneebedeckung. Der Rückgang der letzten Winter war um 60 Prozent geringer als im Durchschnitt der Jahre 1961 bis 1990. Linz, St. Schlusslichter sind Pölten, Wien, Eisenstadt und Graz, wo es in den vergangenen Wintern nur zehn bis 13 Tage weiß war. In den letzten Wintern lag in Klagenfurt durchschnittlich mehr als 40 Tage Schnee, aber zwischen 1961 und 1990 waren es hier noch mehr als 60 Tage. Im Winter 2019/20 war es in Klagenfurt sieben Tage nur weiß und in Bregenz, St. Pölten und Graz suchte man in diesem Winter vergeblich nach Schnee.

Winter der Zukunft

Mittel- bis langfristig ist aufgrund des anthropogenen Klimawandels mit einer weiteren Erwärmung zu rechnen, wodurch Schnee in tieferen Lagen noch seltener wird. In Höhenlagen wirkt sich die Niederschlagsmenge stärker auf die Schneedecke aus als die Temperatur, da es hier trotz der globalen Erwärmung meist kalt genug für Schneefall ist – zumindest vorerst. Wie die ZAMG in einer Studie herausfand, wird die Länge der Schneedecke in Gebieten um 1500 Meter über dem Meeresspiegel bis zum Jahr 2100 um mehr als 50 Prozent abnehmen, wenn die Treibhausgasemissionen nicht bald deutlich reduziert werden. Wird das Pariser Klimaabkommen eingehalten und die Erderwärmung auf unter 1,5 Grad begrenzt, sind die Auswirkungen etwa halb so hoch. Wir haben also den Winter der Zukunft in unseren Händen.