Während Anhänger des Abenteuers jubeln, herrscht hinter den Kulissen Nervosität. Denn Schweizer Diplomaten öffnen neue Wege, wenn sie ihr Amt am 1. Januar 2023 für zwei Jahre antreten. Zwei Vertreter der EDA Schweiz erklärten dem SonntagsBlick, dass es zwei spezifische Fallstricke gebe. Da sind zunächst die Drucktests.

Gruppenzwang

Vom ersten Tag an wird sich die Delegation wohl gegen die massive Einflussnahme anderer Mitglieder des Sicherheitsrates wehren müssen. Von den fünf Vetomächten im Gremium sind dies offensichtlich nicht hauptsächlich China und Russland, sondern die drei “gleichgesinnten Staaten”: die Vereinigten Staaten, Großbritannien und Frankreich. Sicher ist, dass Einsatzleiterin Pascale Baeriswyl (54) und ihr 25-köpfiges Team ständig gezwungen sein werden, Stellungen zu melden. Vor den Augen der Menschen hält der Sicherheitsrat jährlich etwa 800 Sitzungen ab – zwei bis drei pro Tag – davon 150 im großen Saal mit der berühmten Hufeisenformation. Es beginnt mit der Beschlussfassung, was etwa fünfzig bis siebzig Mal im Jahr passiert. Das sind Entscheidungen, die völkerrechtlich bindend sind und weltweit Proteste provozieren werden. Die andere große Herausforderung ist die Beziehung zwischen den Gesandten in New York und ihrer Regierung. Das EDA weiss, dass die Norweger sehr autonom agierten und nur in äusserst seltenen Fällen eine Lücke zu Oslo schliessen mussten.

Die Schweiz bezieht bereits Stellung

Cassis dagegen scheint sich mit seiner Vizeministerin und ihrem Stab gut verstehen zu wollen: Seine Regierung hat ein Ampelsystem entwickelt, das die Zusammenarbeit einfach regeln soll. Die grüne Ebene bezieht sich auf unproblematische Grundsatzentscheidungen, die von der Delegation selbst getroffen werden können. Die orange Stufe umfasst Trades, für die die «New Yorker» von Bern ein Okay brauchen. Das Rot der Bühne sind die heiklen Themen, bei denen der Gesamtbundesrat das Ruder übernimmt. Ein solcher Krieg in der Ukraine am 24. Februar ist möglich. Nervosität? unbekanntes Gebiet; Flavio Milan, Leiter der außenpolitischen Koordinierung der UNO, bezeichnete die Lage auf Anfrage als „entspannter“. wo das Verfahren seit Jahren etabliert ist”. Zudem bezieht die Schweiz als Nichtmitglied des Sicherheitsrates immer wieder Stellung. “Die Positionen der Schweiz sind allgemein bekannt”, sagt Milan, insofern sei es “nichts wirklich Neues”.

«Instruktionen von Bern für alle Geschäfte»

Bisher gilt zwischen der Schweiz und dem UNO-Außenposten der Grundsatz, dass vor einem Entscheid ein sogenanntes Instruktionsersuchen nach Bern geschickt wird. Dort werden alle relevanten Verwaltungen eingebunden, bevor die New Yorker Mission Weisungen der Bundesstadt erhält. Dieser Status gilt laut Milan auch für die Zeit im Sicherheitsrat. „Die Delegation in New York wird niemals völlig unabhängig agieren“, sagte er. «Für alle Transaktionen werden die Instruktionen von Bern aus verschickt.» Beim Ampelsystem verweist er auf einen Entscheid vom November, als der Bundesrat die Fälle definierte, in denen er das Ruder insgesamt übernehmen würde. Dies soll in drei Fällen geschehen: wenn die Ressorts uneins sind, wenn es um weitreichende Weichenstellungen geht, wie bei einer Militärintervention, und wenn ein Thema von großer innenpolitischer Bedeutung ist. Bleibt die Frage, wie Cassis die Manöver seiner Leute in New York vor dem Parlament im Bundeshaus darstellen wird. Die hitzige Debatte um die Neutralität bei Waffenlieferungen an die Ukraine könnte nur der Anfang sein.